Plattenkritik: Cocteau Twins & Harold Budd – The Moon And The Melodies (4AD)Hinter dem Hall der Maschinen

Plattenkritik Cocteau Twins Harold Budd Banner

1986 veröffentlichten die Cocteau Twins und Harold Budd ein gemeinsames Album. Zwei Welten, eine Vision. Nun gibt es die Platte in neuer Auflage. Das befriedigt nostalgische Anflüge, ist aber vor allem ein wichtiges Statement.

In etwas mehr als drei Monaten wird Apple Music wieder mein Streaming auswerten und mir die Alben und Künstlerinnen als Listical präsentieren, die bei mir rauf und runter dudeln bei der Arbeit. Ich ahne schon, worauf es dabei auch 2024 hinauslaufen wird: auf Harold Budd. Die Alben des 2020 verstorbenen US-amerikanischen Musikers und Komponisten sind die perfekte Hintergrundbeschallung für meine Zeit vor dem Bildschirm. Budd hat in seiner Karriere nicht nur solo veröffentlicht, sondern auch immer wieder mit anderen Künstler:innen gearbeitet. Natürlich mit Brian Eno, aber auch mit oft mit Simon Guthrie von den Cocteau Twins. Beide kannten sich seit spätestens 1986. Damals erschien das gemeinsame Album von Budd von den Cocteaus „The Moon And The Melodies“. Und genau dieses Album gibt es jetzt zum ersten Mal wieder auf Vinyl als Remaster.

Nun sind mir Neuauflagen alter Platten meistens egal. Aber bei der Ankündigung dieser Nachpressung vor ein paar Monaten fiel mir auf, dass ich das Album praktisch gar nicht (mehr) auf dem Zettel hatte. Es ist wohl mit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung zu tun. Die Cocteau Twins hörte ich damals noch nicht – brauchte eh viel zu lang, um mich ihrer Musik zu nähern, und Harold Budd entdeckte ich erst ein paar Jahre später. Klar, das Album lief ein paar Mal, vielleicht hatte ich auch mal die CD, aber wirkliche Erinnerungen verbinde ich damit nicht.

Tatsächlich ist es ja auch ein skurriles Album. Budd und die Cocteaus trafen sich in London, um gemeinsam Musik zu machen. Der eigentliche Plan war, mit dem Songs eine Doku von Channel 4 zu orchestrieren, doch die Pläne des Fernsehsenders änderten sich schnell, und Budd saß auf seinem Flugticket. Also nahmen alle gemeinsam zwei Wochen in London auf. Ohne Plan, dafür aber mit vielen Abstechern in den Pub. Die Cocteaus machen das, was sie zu diesem Zeitpunkt eben so machten. Budd auch. Er saß am Yamaha CP-70 und spielte vor sich hin. Die beiden musikalischen Welten, die – je nach Auffassung – extrem viel oder einfach gar nichts miteinander zu tun haben, clashen zwar nicht miteinander, wachsen aber auch nicht wirklich zusammen. Das ist ganz schön so, weil die Gemeinsamkeiten dann eben doch spürbar sind. Sie äußern sich zwar nicht unbedingt konkret im Musikalischen, in der Herangehensweise jedoch allemal: Hall, Raum, Mut zur minutenlangen Suche nach Details im Stereobild.

Glauben wir dem Label, haben einige der gemeinsamen Tracks in den vergangenen Jahren ein neues Leben entwickelt. Der Opener „Sea, Swallow Me“ ist einer der meist gestreamten Songs der Cocteaus und auch auf TikTok sehr beliebt. Womit vielleicht auch schon der Grund für die Wiederveröffentlichung ausgemacht ist. Ein bisschen unfair, ich weiß. Und tut ja auch nichts zur Sache. Denn die acht Stücke – vier Instrumentals, vier mit den Vocals von Elisabeth Fraser – waren von Anfang an so zeitlos, dass sie auch heute noch alles wegkicken.

Plattenkritik: Foster The People – Paradise State of Mind (Atlantic)California knows how to pop

Plattenkritik: Duster – In Dreams (Numero Group)Ein Meisterstück in Relevanz